Ende der 1940er Jahre in einer kleinen Stadt am linken Niederrhein. Der Zweite Weltkrieg ist seit einigen Jahren vorbei, die Trümmer der zerbombten Häuser sind weitgehend beseitigt und das „normale“ Leben in Friedenszeiten beginnt sich allmählich zu festigen. Flüchtlinge und Einheimische mussten sich irgendwie mit dem knappen Wohnraum arrangieren.
Das mit dem Wohnraum ist so eine Sache. Mein Elternhaus war ein Güterbahnhof mit angeschlossener Gaststätte. Ein Altbau „aus der Vorkriegszeit“ mit 3,80 m hohen Decken – ein Wohnzimmer, eine kleine Küche mit Vorratskammer und Schlafräume unterm Dach. Außerdem gab es eine Waschküche, die nur über den Hof zu erreichen war. Zur Toilette musste man jeweils über einen Flur und durch die Küche der Gaststätte gehen. Wie gesagt, der Wohnraum war knapp und man musste mit dem auskommen, was man als Flüchtling zugewiesen bekam. So ging es auch meinen Eltern.
Meine Mutter hat den langen Weg von Ostpreußen an den linken Niederrhein überlebt. Leider musste sie ihre älteste Tochter auf dem langen Weg zurücklassen, sie starb schlichtweg an Hunger. Immer mehr Männer kamen aus der Kriegsgefangenschaft nach Hause oder dorthin, wo es die restliche Familie verschlagen hat. So auch mein „alter Herr“ – mein Vater. Aus dieser Wiedersehensfreude heraus erblickte in den Resten des Joseph-Stifts an einem Sonntagmorgen, ein kleiner, schmächtiger Junge das Licht der Welt. Das Joseph-Stift war eines von zwei Krankenhäusern im Ort. Meine Mutter wäre bei der Geburt fast gestorben, aber sie ist eine starke Frau und hat auch das überlebt.
In der Geburtsurkunde ist zu lesen, dass der Weichenwärter Ewald und seine Frau, die Hausfrau Gertrud, einen Sohn bekommen haben.
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